LVZ vom 19. Juni 2012, Ausgabe Delitzsch-Eilenburg, S. 17:
Anmeldung für Anti-Nazi-Konzert in Delitzsch
Initiative will mit Großveranstaltung auf dem Roßplatz an die Demo im März anknüpfen
Delitzsch. Wochenlang war Delitzsch im März und April dieses Jahres überregional in den Schlagzeilen – zunächst mit dem Übergriff auf Besucher eines Ska-Konzertes, dann mit einer Demonstration von mehr als 200, mehrheitlich zugereisten Personen, die ein Signal gegen Rechtsextremismus setzen wollten. Nun wird die Fortsetzung des Protests geplant.
Von kay Würker
Ein Delitzscher hat für den 15. September ein Konzert auf dem Roßplatz angemeldet. Sechs Bands stünden auf dem Programm, heißt es in einer Mitteilung, die derzeit unter anderem auf Foren-Seiten im Internet verbreitet wird. Überschrift des Großereignisses: „No Dancing With Nazis“. Die Stadtverwaltung Delitzsch bestätigte gestern auf LVZ-Anfrage, dass für den Konzerttag ein Antrag auf Sondernutzung vorliegt. Allerdings sei darüber noch nicht entschieden worden. „Das Schreiben ist eingegangen und wird geprüft“, sagte Rathaussprecherin Nadine Fuchs. „Die Entscheidung wird im Laufe dieser Woche getroffen.“
Der Konzerttitel erinnert – offenbar bewusst – an das Motto des Ska-Konzertes im März im Jugendhaus Yoz. „No Skanking With Nazis“ hieß es damals. Und auch die Liste der Bands hat Ähnlichkeiten, liefert Ska, Hiphop, Hardcore und Punkrock. Die „Tornados“ sind laut Veranstalter wieder mit dabei, ebenso die Delitzscher Coverband „Rammelstein“ und die Formation „Pilsner Oiquell“, zu der der im März bei dem Übergriff schwer verletzte tschechische Musiker gehört. Der Mittdreißiger war eines von mehreren Opfern einer Prügelattacke, musste mehrfach am Auge operiert werden.
Als Konzertverantwortlicher tritt diesmal jedoch nicht der Delitzscher Toni M. auf, sondern eine Initiative „No Dancing With Nazis“. Diese habe sich im Zuge der März-Ereignisse aus Musikern und politisch Bewegten in Delitzsch und Leipzig gegründet, sagte deren Sprecher Jens Frohburg. Anmelder des Konzertes sei ein „Rammelstein“-Bandmitglied. Der Leipziger Jens Frohburg wiederum ist verantwortlich für das Projekt „chronik.Nordsachsen“. Dieses kürzlich gestartete Internetportal dokumentiert, wie berichtet, Ereignisse mit neonazistischem oder anderweitig diskriminierendem Hintergrund in der Region.
„Die Bands werden am 15. September auf dem Roßplatz ein klares Signal gegen Nazis setzen und sich solidarisch mit den Betroffenen zeigen. Neben dem Konzert werden verschiedene Vereine und Initiativen über ihre Arbeit informieren“, erklärte Jens Frohburg.
Bekanntermaßen hat sich auch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland diesen Termin im Kalender markiert. Der 7. Kreiskirchentag soll in Delitzsch stattfinden – unter anderem mit einem Konzert von Jugendbands, die etwa zeitgleich auf dem Markt spielen. Diese Termingleichheit sei aber Zufall und keine Absicht, sagte Frohburg.