Am 15. September 2012 hieß es in der nordsächsischen Stadt Delitzsch: No Dancing with Nazis! – Wir tanzen nicht mit Nazis!
Nach einem brutalen Naziüberfall auf VeranstalterInnen und BesucherInnen eines Ska-Konzertes im Delitzscher Jugendzentrum YOZ am 17. März und einer antifaschistischen Demonstration eine Woche später, hatte sich die Initiative „Kultur und Zukunft“ gemeinsam mit weiteren Engagierten in Delitzsch zusammengefunden, um ein deutliches Zeichen gegen Nazis zu setzen und einen Freiraum für alternative Kultur einzufordern. Dafür wurde das Motto „No Dancing with Nazis“ in Anlehnung an das ähnlich lautende Motto der Veranstaltung im März gewählt. Dieses hatte seinerzeit dazu geführt, dass die Stadtverwaltung Delitzsch dem Veranstalter selbst die Schuld an dem Naziübergriff gab. Wer Nazis ausschließt, solle sich auch nicht wundern, dass diese sich provoziert fühlen, so der Tenor. In Delitzsch gibt es de facto keinen Raum für Kulturveranstaltungen, die Schutz vor Neonazis bieten.
Nach der YOZ-Veranstaltung im März, in deren Folge ein Mensch fast sein Augenlicht verlor, war der 15. September der Auftakt für öffentliche Anstrengungen, diesen Zustand zu ändern.
Mittags demonstrierten an die 200 Menschen vom Unteren Bahnhof Delitzsch in Richtung Festplatz. Schließlich sollte die Botschaft „No Dancing with Nazis“ nicht nur den abseits der Stadt gelegenen Konzertort erreichen. Auf dem Festplatz angekommen startete das fast achtstündige Bühnenprogramm mit sieben Bands – von Ska und Punk über Alternative und Crossover bis hin zu politischem HipHop – und Statements sowohl von Delitzscher EinwohnerInnen als auch zivilgesellschaftlichen Initiativen wie dem Netzwerk 360 Grad und der Opferberatung der RAA. Umrahmt wurde das Programm von Informationsständen; neben anderen konnten beim E-Werk Oschatz Stoffbeutel mit dem Slogan der Veranstaltung selbst bedruckt werden, an einem Solistand wurde für den derzeit laufenden Protestmarsch von Flüchtlingen gegen staatlichen Rassismus gesammelt. In drei gut besuchten Workshops wurde zu den Themen Sexismus & Homophobie, Oi!/Punk & Grauzone sowie Fußball & Diskriminierung diskutiert.
Bedrohungen durch Nazis, die den Alltag in Delitzsch mehr oder weniger subtil bestimmen, blieben am 15. September aus. Mehr als 500 Menschen konnten auf dem Festplatz ohne Nazis feiern. Dennoch mussten wir uns mit dem gewalttätigen und sexistischen Verhalten von BesucherInnen des Konzertes auseinandersetzen.
Der Initiative „No Dancing with Nazis“ ist bewusst, dass der 15.09.2012 nur ein Auftakt für längerfristiges Engagement sein kann. In Zukunft muss es verstärkt um Bildungsarbeit und Vernetzung von nicht-rechten Menschen gehen. Und darum, den Menschen in Delitzsch die Angst zu nehmen, sich offensiv gegen neonazistische Einstellungen und Gewalt auszusprechen. Die Veranstaltung „No Dancing with Nazis“ hat dafür die Türen geöffnet.
Unser Dank geht an alle UnterstützerInnen! Ohne euch wäre „No Dancing with Nazis“ nicht möglich gewesen. In den nächsten Wochen wird es ein öffentliches Auswertungs- und Perspektiventreffen in Delitzsch geben. Wer Lust hat sich einzubringen, melde sich unter delitzsch-presse@riseup.net*!
Die Initiativen „No Dancing With Nazis“ & „Kultur und Zukunft“
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