Kultur und Zukunft für Delitzsch – Die Loberstadt wird bunter

Die Leipziger Volkszeitung berichtet über die Arbeit des Vereins „Kultur und Zukunft“:

Kultur und Zukunft für Delitzsch

Verein will alternative Jugendarbeit anbieten und rechtsradikalen Strukturen Paroli bieten / Unterstützung von Stadt gefordert

Delitzsch. Die Loberstadt wird bunter. Langsam, aber stetig soll sich am Lober eine alternative Jugendkultur entwickeln und ihren Platz in der Stadt finden. „Kultur und Zukunft“ (KUZ) nennt sich der Verein, der Jugendliche von der Straße holen und ihnen damit letztlich vor allem Alternativen gegen rechte Strukturen bieten möchte.
Von Christine Jacob
Im Hintergrund laufen die Arbeiten des Vereins schon seit fast einem Jahr. Als es im vergangenen März nach einem Konzert im Jugendhaus Yoz den rechtsradikal motivierten Überfall auf eine Gruppe Musiker und Konzertgäste gab, „da war das Maß einfach voll“, sind sie sich beim Verein einig. Zu lange würden mal mehr und mal weniger unterschwellige rechtsradikale Strukturen in Delitzsch schon geduldet, lieber weggesehen und sich bedeckt gehalten, um bloß keinen Ärger zu bekommen. Zudem gebe es in der Loberstadt zu wenig Treffmöglichkeiten für Teenager. Wenn es sie gibt, schließen sie wie das Yoz schon in den frühen Abendstunden. Sich in Kneipen zu treffen, das sei schlicht zu teuer für Leute, die von Taschen- oder Lehrgeld leben. Auch so erklärt sich aus Sicht des Vereins das Bild der auf den Delitzscher Supermarktparkplätzen herumlungernden Jugendlichen.
Inoffiziell arbeitet Kultur und Zukunft schon seit April 2012 gegen diese Gemengelage an. Seit knapp zwei Monaten ist der Verein nun auch offiziell eingetragen. Mit zehn Leuten haben sie angefangen, inzwischen engagieren sich 20 Mitglieder von Teenagern bis zu Leuten Anfang 30 – ihre Arbeit braucht vor allem Geduld und gute Vorbereitung, Unterstützung und nun, wo die Projekte spruchreif werden, endlich Öffentlichkeit. Sie wollen Kindern und Jugendlichen Angebote schaffen, Aufklärungsarbeit ohne den erhobenen Zeigefinger leisten. „Wir wollen Lesungen und Vorträge mit Zeitzeugen der NS-Zeit anbieten, aber auch mal Fahrten unternehmen oder Sport anbieten“, erklärt Vereinsvorsitzender Toni Müller. Es solle bei allem aber nicht darum gehen, wieder und wieder nur um das Thema Nazi-Zeit zu kreisen und nur damit Kinder und Jugendliche auf den richtigen Weg zu bringen. Nein, auch Sport-, Kultur- und Musikveranstaltungen sind in der Planung. Konzerte von Punk bis Hiphop wollen sie organisieren, Vorträge zu Themen wie „Punks in der DDR“ anbieten, eng mit den Schulen zusammen arbeiten und auch mal Kunstlehrgänge durchführen.
Unterstützung holt sich KUZ derzeit vor allem bei Vereinen aus Dessau, Leipzig und Halle. Bei Verbänden, die bereits erfolgreich vergleichbare Projekte auf die Beine gestellt haben. „Wir wollen eigenständig sein. Aber sie können uns zeigen, wie es geht“, so der Tenor. In Dessau ist seit Jahren dank Vereinsarbeit ein Alternatives Jugendzentrum (AJZ) etabliert – Konzerte und Ausstellungen, Vorträge, Lesungen und Diskussionsrunden sind dort an der Tagesordnung. So etwas könnte es auch eines Tages in Delitzsch geben. Der Weg dorthin ist lang, das wissen die Vereinsleute nur zu gut. Darum suchen sie auch Kontakt zu hiesigen Angeboten wie dem Jugendcafé Quo Vadis der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde. Fernziel: ein Delitzscher Bürgerbündnis für Demokratie, in dem viele Vereine und Bürger an einem Strang ziehen.
Das größte Problem für KUZ aber ist momentan, dass sie noch kaum als Anlaufstelle funktionieren – weil sie selbst noch keine feste Anlaufstelle haben. „Wir brauchen Räumlichkeiten, zu denen die Kinder und Jugendlichen kommen können und eine feste Adresse haben, an die sie sich wenden können.“ Noch aber fehlt dieser Raum, seitens der Stadt sehe die Unterstützung eher schwach aus. Virtueller Raum soll da zunächst einmal Abhilfe schaffen. Der Verein arbeitet an einer eigenen Homepage, die es Jugendlichen ermöglichen soll, schnell mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Zu gegebener Zeit können sie sich zudem vorstellen, sich dem Kultur- und Sozialausschuss des Delitzscher Stadtrates vorzustellen, um für weitere Unterstützung aus diesem Gremium zu werben. Jetzt sagten sie zunächst ab.
Eines steht bereits fest: Wie schon im vergangen Herbst mit „No Dancing With Nazis“ soll es auch im September 2013 wieder ein großes Konzert mit diversen Bands für alle Delitzscher geben. Das friedliche Feiern glückte damals allen Unkenrufen zum Trotz „Wir wollen es zur Tradition in Delitzsch machen“, kündigt Müller an.

Quelle: Leipziger Volkszeitung (LVZ) Ausgabe Delitzsch und Umgebung vom 11. Februar 2013, Seite 31

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